„Organisierte Halbbildung. Studieren 25 Jahre nach der Bologna-Reform“
Veröffentlichung: 27. Juli 2024 im Trancript Verlag, hier zu finden.
Das Buch erscheint Open Access und ist somit frei zugänglich. Es ist als Hardcover im Buchhandel erhältlich, z.B. über die Webseite des Verlags.
Für Pressevertreter*innen: Rezensionsexemplare sind unter presse@transcript-verlag.de zu erfragen.
Inhalt
Was bedeutet Studieren heute – 25 Jahre nach der Bologna-Reform? Wie haben sich Studium und Hochschulen verändert? Und welche Auswirkungen haben diese Entwicklungen auf unser Verständnis von Bildung?
Unter dem Begriff “Organisierte Halbbildung” vereint dieser Sammelband vornehmlich studentische Stimmen, die sich auf vielfältige Weise kritisch mit dem Studium 25 Jahre nach Unterzeichnung der Bologna-Erklärung auseinandersetzen. Die über 30 theoretischen, analytischen, kreativen und fühlenden Beiträge ergründen unter anderem, wie es aktuell um Hochschulpolitik, Ökonomisierung und Widerstand, um strukturelle Missstände, verstellte Zugänge und verklärte Erinnerungen steht. Sie alle zeigen: Es muss sich etwas ändern.
Der Sammelband ist in vier Teile unterteilt:
Im ersten Teil finden sich unter dem Titel „Studieren – was es bedeutet, was es fordert“ die Erfahrungen von Studierenden wieder, die aus ihrer Lebensrealität heraus schreiben, diese aufzeigen und reflektieren. Sie thematisieren ihre Herkunft, ihre Gesundheit, ihre Belastung durch ein Studium neben Lohnarbeit oder Elternsein. Die Texte sind unabdingbar, um zu begreifen, mit welcher Macht die Strukturen des Studiums auf die Autor*innen als Einzelne wirken und wie wenig sie damit allein, wenn auch zu oft einsam sind.
An diesen Teil schließen Beiträge an, die die strukturellen Veränderungen der letzten Jahrzehnte seit und mit der Bologna-Erklärung aufgreifen. Unter „Bologna – alles anders, alles besser?“ klingt das kritische Moment dieser Betrachtungen an. Die Gemeinsamkeit ihrer sehr unterschiedlichen Themen und Argumentationen ist die Umgestaltung des Studien- und Hochschulsystems, das seither durch seine Ökonomisierung und Wettbewerbsorientierung geprägt ist. Dieser Teil beginnt mit der Annäherung an die Frage, was, wer und wo ›Bologna‹ ist.
Der dritte Teil dreht sich um den Ort des Studiums: Der Titel „Hochschulen – exklusive Räume, umkämpfte Orte“ spiegelt, dass es in diesen Beiträgen um Ausschluss und Diskriminierung, um elitäre Verständnisse und ideologische Prägungen, um Arbeitskämpfe und Politisierung geht. Sie nehmen die Hochschulen in die Verantwortung, die sie als Institutionen gegenüber denjenigen haben, die sie besuchen, beleben, an ihnen arbeiten, studieren und sie erst zu den Orten machen, die sie sind.
Neben den Realitäten und den gegenwärtigen Bedingungen stellt sich ganz im Sinne der „Theorie der Halbbildung“ die Frage, wie sich die Vorstellung von Bildung, ihre Ideale und Inhalte, historisch gewandelt haben und noch immer verändern. Und so versucht der vierte und letzte Teil unter dem Titel »Bildung – gestern, heute, morgen« zu umgreifen, wie Bildung mal gedacht wurde, wie ihre Ideale verraten und umerzählt wurden und was nötig ist, um Bildung von der Halbbildung zu befreien. Die dort versammelten Beiträge sind eine Gegenüberstellung der Zeiten und Erfahrungen, ein Abwägen von dem, was sein könnte und wie es verhindert wird.
Autor*innen
Die Autor*innen des Sammelbands vereint vor allem eins: Sie sind und waren Studierende. Diesem Buch ging keine Tagung oder Selbstvergewisserung im Kreis der Autor*innen voraus; einzig ihre Reaktion auf einen zweieinhalbseitigen Aufruf, sich an der Debatte um die prekären Studienbedingungen unserer Gegenwart zu beteiligen. Die 41 Autor*innen leben in Deutschland und Österreich, sie sprechen nicht für eine geeinte Allgemeinheit der Studierenden und sind doch Teil einer gesellschaftlichen Gruppe, die gegenwärtig allein in Deutschland mehr als drei Millionen und in Österreich knapp 400.000 Menschen umfasst. Dieses Buch ist daher kein einheitliches oder kohärentes Projekt, das durch Methodik, Fachdisziplin oder politische Position zusammengehalten wird. Es ist nicht der Auftakt einer mehrbändigen Reihe. Es ist eine Momentaufnahme studentischer Perspektiven und zugleich mehr als eine schlichte Gegenwartsdiagnose, weil die Erfahrungen, Positionen und Begriffe aller Autor*innen darauf beharren können, ernst genommen und diskutiert zu werden.
Herausgeber*innen
Clara Gutjahr, geb. 1995, strebt eine Promotion an der TU Berlin zu Unsicherheit in akademischen Karrieren an. Sie absolvierte ihr Master-Studium der Soziologie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main und ihr Bachelor-Studium der Soziologie und Philosophie in Göttingen, Amsterdam und Münster.
Lisa Marie Münster, geb. 1994, studiert im Master Wirtschaftssoziologie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Sie besuchte zuvor die Kölner Journalismusschule und schreibt als freie Journalistin. Ihr Interesse gilt den Schnittstellen zwischen Feminismus, Neoliberalismus und psychischer Gesundheit.
Lukas Geisler, geb. 1995, ist Autor, Journalist und Aktivist. Er wohnt, lebt und arbeitet in Frankfurt am Main. An der Goethe-Universität studiert er den Master Politische Theorie. Sein Interesse gilt kritischer Gesellschaftstheorie im Handgemenge.
David Morley, geb. 1996, studiert Politische Theorie im Master an der Goethe- Universität Frankfurt am Main. Zuvor absolvierte er das Bachelor-Studium der Politik- und Rechtswissenschaften an der Georg-August-Universität in Göttingen. In seiner Master-Arbeit befasst er sich mit einer Kritischen Theorie des Strafens.
Moritz Richter, geb. 1999, studiert im Master Politische Theorie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Zuvor hat er seinen Bachelor in Politikwissenschaften und Philosophie an der LMU München absolviert. Neben seinem Studium ist er vor allem im Bereich der politischen Bildung tätig.